Zwischenstopp



Nach einer viel zu kurzen Nacht kommen sie reumütig zu dir gekrochen, die inneren Augenwinkel noch ganz verkrustet, die Münder schmecken nach einer Mischung aus Zahn- und Nussnougatcreme, weil sie wieder fünf Minuten vor Anschlag gefrühstückt haben, dann noch schnell rein ins Bad, Zähne putzen, unbedingt, im Bus trifft man immer Bekannte, und die sollen schließlich nicht den Morgenatem abkriegen.
 
Während sie auf dich zugehen, knöpfen sie sich die Blusen- und Mantelknöpfe zu, werfen Schals über die Schulter, fahren prüfend über die eben nachgezogenen Lippenränder und über ihre Taschen – Hosentaschen, die werden vielleicht eher abgeklopft, und Jackentaschen, da fahren sie hinein, gehen sicher, dass da auch alles drin ist – Fahrkarte, Handy, Schlüssel, Labello, der Euro für den Supermarkt, die kleine Keramikschildkröte, die sie dem Kind später in die warmfeuchte Handfläche drücken möchten, um die Bauchschmerzen zu verringern, wenn es sich von den Kindergartenfreund*innen verabschieden muss.

Dann stehen sie vor dir, würdigen dich jedoch keines Blickes, kurz vor dir drehen sie sich um, schauen auf das leuchtende Schild, vier Minuten, schauen links und rechts die Leute an, solange, bis die zurückschauen, dann tun sie beschäftigt, mit ihrem Handy oder einem zum Himmel gewandten Nachdenkblick, dann endlich, erinnern sie sich an dich.

Du stehst immer noch genau so da wie vorher, schon seit sechs Uhr morgens bist du bereit, herausgeputzt, zurechtgezupft, hell und warm.

Sie sehen dich und atmen aus, zum ersten Mal, seit sie das Haus verlassen haben. Sie fahren über deine Kleider, die meisten tun das, oder zumindest stellen sie sich ganz nah an sie, du spürst, dass sie sie beruhigend finden. Einige wenige schauen noch mal kurz zurück und treten dann, endlich, ein. 

Deine Wärme umarmt sie, sie sehen sich um in dir, stromern herum, berühren hin und wieder etwas, das sie aufregend finden, dann, verstohlen, laufen sie zum Spiegel, überprüfen Lippenränder, entfernen Fussel vom Mantel, drücken die Brust raus und die Schultern nach unten, atmen tiefer, fahren sich durchs Haar.

Du weißt, dass sie sich gleich erinnern werden, an das, was sie wirklich aus dem Haus gelockt hat, ihr wahres Ziel, du weißt, dass sie hinauseilen werden, doch du freust dich, dass sie da waren, hoffst, dass sie vielleicht irgendwann abends wiederkommen und verweilen.

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